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14.01.2025

Jahresausklang auf dem Chaos Communication Congress

Das Congress Center Hamburg verwandelte sich in ein leuchtendes Raumschiff.

Seit 1984 trifft sich jedes Jahr zwischen Weihnachten und Neujahr die internationale Hackerszene auf Einladung des Chaos Computer Clubs (CCC) und hat »Spaß am Gerät«, wie der interne Slogan heißt. Wir waren mit einem Workshop dabei.

Knapp 15.000 Hacker*innen, Maker*innen, Aktivist*innen, Bastler*innen, Nerds und Nerdinen verwandelten das eher triste Congress Center Hamburg in ein bunt leuchtendes Raumschiff auf der Mission, die Welt in einen besseren Ort zu verwandeln.

In großen leuchtenden Buchstaben ist der Schrift 38c3 zu sehen
Der 38. Chaos Communication Congress fand zwischen den Jahren in Hamburg statt.

Computer waren und bleiben Machtverstärker, sie sind in alle Lebensbereiche der Gesellschaft eingedrungen, um darin zu bleiben. Schaut euch um oder kramt in eurer Tasche: Ihr werdet mit Sicherheit ein informationstechnisches Gerät finden, auf das ihr nicht mehr verzichten könnt oder wollt. Doch wem gehört dieses scheinbar allmächtige Gerät? Bis ins letzte Jahrhundert war die Frage recht einfach zu beantworten. Inzwischen gehören einem die Computer nicht mehr, sie sind eine Dauerleihgabe von Google, Apple, Microsoft und den ganzen anderen Hyperscalern.

»Öffentliche Daten nutzen, private Daten schützen«


Der CCC hat diese Entwicklung schon in den 1980er Jahren beobachtet und kritisch begleitet. Der Club fordert die Informationsgesellschaft auf, die Technik tief genug zu verstehen, sodass sie sinnvoll und gemeinwohlorientiert eingesetzt werden kann; in der Hackerethik  fordert er u.a. »Öffentliche Daten nutzen, private Daten schützen«. Leider verdient man mit dem genauen Gegenteil richtig viel Geld, die Geschäftsmodelle aller großen Firmen basieren entweder auf personalisierter Werbung, künstlich geschaffener Abhängigkeit oder schlicht auf Betrug, Fälschung und Täuschung.
Dabei ist es gar nicht schwer, sich aus dieser selbst verschuldeten Unmündigkeit zu begeben, sie erfordert allerdings Zeit, gut bezahlte Fachleute und die Bereitschaft, die eigene Bequemlichkeit aufzugeben. Ihr kennt das aus anderen Bereichen (Stichworte Bio, Fair Trade, ÖPNV statt Auto etc.). Alleine geht es allerdings nicht, daher sind solche Gemeinschaften wie auf dem Chaos Communication Congress so wichtig. Einerseits als Motivation für das eigene Handeln, aber auch als Blaupause für eine Gesellschaft, die auf Partizipation, Mündigkeit und Teilhabe beruht.

Über Sinn und Unsinn von KI – mit Olli, dem sprechenden Baum

Und auch wir wollten unseren Teil dazu beitragen und haben einen Workshop sowie unsere Expertise angeboten. Auf dem KI-IW-Festival im November 2024 wurde bereits Citronella, der sprechende Zitronenbaum, vorgestellt; auf dem Congress haben wir Olli, den sprechenden Olivenbaum, so platziert, dass kritische Gespräche über Sinn und Unsinn von Künstlicher Intelligenz (KI) von selbst begannen. Gerade bei diesem Datenwerkzeug namens KI entscheidet vor allem der Anwendungsfall, ob der massive Ressourcenverbrauch gerechtfertigt ist. Olli beispielsweise läuft in der Gesprächsphase (»Inferenz« im Fachjargon) verhältnismäßig bescheiden auf unseren eigenen Laptops und stromsparenden Einplatinen-Computern – ganz ohne Cloudanbindung und »Big Tech«. Besucher*innen erfuhren von Olli per Sprachausgabe auch, dass KI nicht gleich KI ist, und dass es neben den großen Sprachmodellen auch kleine, spezialisierte Anwendungen im Bereich des Maschinellen Lernens gibt, die beim Umwelt-, Natur- und Klimaschutz nicht mehr wegzudenken sind. Diese konstruktiv-kritische Aufklärung ist zentraler Teil unseres Auftrags

KI IW-Programmkoordinator Thorsten Kluß sitzt vor einem angestrahlten Olivenbaum
KI-IW Programmmanager Thorsten im Gespräch mit dem sprechenden Olivenbaum Olli.

Über ökologische Kosten und gemeinwohlorientierte Forschung

Es gab zu diesem Themenkomplex mehrere Vorträge, u.a. von unserer Festival-Keynote-Speakerin Friederike Hildebrandt:

Klimaschädlich by Design – die ökologischen Kosten des KI-Hypes, Vortrag von Friederike Karla Hildebrandt und Constanze Kurz.

Neben dem kritischen Vortrag rund um die großen Sprachmodelle, welcher mit zentralen Forderungen der Bits&Bäume-Community schließt, gab es auch konkrete Vorschläge, etwa zur Zweckbindung von KI-Modellen:

Gemeinwohlorientierte Forschung mit KI: Missbrauch eindämmen durch Zweckbindung für KI-Modelle

Apropos Bits&Bäume: Anja Höfner und Festival-Keynote-Speaker Rainer Rehak hielten ebenfalls einen Vortrag: Kein Spaß am Gerät auf 'nem toten Planet(en)! 

Weitere Vorträge stehen im Medienportal des CCC kostenlos zur Verfügung. 

Über den Autor

Stefan Ullrich ist Referent für Digitale Bildung und Wissenschaftskommunikation in der KI-Ideenwerkstatt. Außerdem ist er promovierter Informatiker, Magisterphilosoph und KI-Erklärbär.

Kontakt

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