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11.03.2025

Wie KI die Transformation zur Kreislaufgesellschaft unterstützen kann

Das Thema KI und Kreislaufwirtschaft zog viele Interessierte in die KI-Ideenwerkstatt in Berlin.

Ressourcen schonen, Abfall vermeiden, nachhaltiger wirtschaften: Die Kreislaufwirtschaft bietet viele Vorteile. Doch wo stehen wir heute? Und welche Rolle kann KI spielen? Unser Themenabend am 25. Februar 2025 gab Antworten.

Auch wenn im Titel der Veranstaltung „Unterwegs in die Kreislaufgesellschaft: Wie kann KI Bürger*innen dabei helfen, Stoffkreisläufe zu schließen?“ bewusst von einer zukünftigen Kreislaufgesellschaft die Rede ist, erfordert diese einen grundlegend anderen wirtschaftlichen Umgang mit Rohstoffflüssen. 

Die hohen Umweltkosten des aktuellen linearen Wirtschaftssystems lassen sich durch Recycling nur bedingt ausgleichen. Stattdessen helfen weitere „R“-Strategien wie Refuse (Ablehnen), Rethink (Überdenken), Reduce (Reduzieren), Reuse (Wiederverwenden) und Repair (Reparieren), Abfall zu vermeiden. Neben ökologischen Vorteilen wie dem Schutz von Ressourcen und Klima bieten zirkuläre Ansätze auch wirtschaftliche Vorteile – insbesondere angesichts zunehmender Rohstoffknappheit.

Wo stehen wir heute – ohne KI?

Frau steht vor Bildschirm mit Präsentation
Mateja Kahmann vom Deutschen Naturschutzring führte in das Thema ein.

Mateja Kahmann, Projektreferentin für deutsche und europäische Kreislaufwirtschaftspolitik beim Deutschen Naturschutzring (DNR), führte in das komplexe Thema ein und erläuterte nationale und europäische Gesetze und Strategien. In interaktiven Schätzfragen wurde deutlich, dass der EU-Ressourcenverbrauch seit 2008 kaum gesunken ist. Um die Kreislaufquote zu erhöhen, sind laut Kahmann neben der Umsetzung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS), klare Ziele zur Reduktion des Primärrohstoffverbrauchs nötig. Zudem seien weitere Maßnahmen wie z.B. die Förderung von Mehrweg- und Reparaturmöglichkeiten essenziell.

Wo und wie kann KI unterstützen?

Roboterarm vor sortierten Boxen und Sensorik
Das Projekt digital.zirkulär.ruhr veranschaulichte in einem Video, wie Künstliche Intelligenz maschinelles Sehen und Robotik beim Zerlegen eines Akkuschraubers unterstützt.

Anschließend beleuchteten die Autor*innen des kürzlich veröffentlichten Impulspapiers „Künstliche Intelligenz für die Circular Economy - Ein Werkzeug für die nachhaltige Transformation?“ dessen Schlüsselthemen aus verschiedenen Perspektiven. Birgitt Helms,  Beraterin bei der Effizienz-Agentur NRW, stellte datenbasierte Anwendungspotenziale von KI entlang des Wertschöpfungskreislaufs vor – von verbessertem Recycling über optimierte Produktion und Sharing-Modelle bis zur (Selbst-)Reparatur. 

Michael Leitl, Executive Director der Indeed Innovation GmbH, betonte, dass KI als Assistenzsystem in der Material- und Produktentwicklung Innovationen vorantreiben kann. Zudem kann KI bei der Analyse großer Datenmengen helfen und kreative Designprozesse unterstützen. 

Paul Szabó-Müller, Projektleiter von  digital.zirkulär.ruhr, und David Rohrschneider zeigten im DeepDive aktuelle Entwicklungen in den Bereichen Maschinelles Sehen und Robotik sowie deren konkrete Anwendung im interdisziplinären Forschungs- und Demonstrationslabor an der Hochschule Ruhr West.

Rahmenbedingungen und Herausforderungen

Johanna Graf, Referentin und Koordinatorin bei Germanwatch e. V., betonte zum Abschluss, dass der sinnvolle Einsatz von KI nur möglich ist, wenn er in umfassendere Kreislaufstrategien eingebettet wird. Technologischer Fortschritt allein reiche nicht aus – auch wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Veränderungen seien notwendig. Außerdem dürften wir nicht auf Technologiesolutionismus hereinfallen, also auf die Annahme, dass wir jedes Problem mit der richtigen Technologie lösen können. 

Trotz einer funktionierenden KI-Bilderkennung sind zudem weitere Maßnahmen wie Pfandsysteme oder Verbote von Lithium, aber auch ein nachhaltiges Produktdesign nötig. Zudem müssen KI-Systeme selbst nachhaltiger gestaltet werden, um ihre eigene ökologische Bilanz zu verbessern.

Kritische Diskussion

3 männlich und 3 weiblich gelesene Personen sitzen in Halbkreis und diskutieren
In der Fishbowl-Diskussion diskutierten die Referent*innen konkrete Aspekte von KI in der Kreislaufwirtschaft mit den Teilnehmenden.

In der abschließenden Fishbowl-Diskussion diskutierten die Teilnehmer*innen und Referent*innen vielfältige, teils kontroverse Aspekte: Es wurde betont, dass KI nur im Rahmen planetarer Grenzen genutzt werden sollte. Das bedeutet auch, sich nicht am globalen KI-Wettrennen zu beteiligen und tech-solutionistische, konsumfördernde manipulative Narrative zu dekonstruieren. 

Zugleich wurde die Bedeutung eigener, klarer Botschaften hervorgehoben, um Bürger*innen besser zu erreichen – insbesondere in Abgrenzung zu Narrativen aus dem fossilen Zeitalter.  Ein Teilnehmer stellte die Frage, ob über ein ko-kreatives Geschäftsmodell nachgedacht werden könnte, da Geschäftsmodelle normalerweise nicht offengelegt würden.

Obwohl individuelle Kaufentscheidungen Innovationsabteilungen beeinflussen können, liegt die größere Verantwortung bei den Herstellern. Als konkrete Maßnahme wurde vorgeschlagen, Zirkularität als Standard für die öffentliche Beschaffung zu etablieren. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass KI nicht nur zirkuläre, sondern auch lineare Geschäftsmodellen erleichtert. Ein kritischer Einwand war: „Die meisten Menschen, die mit KI arbeiten, arbeiten daran, dass Leute richtig viel kaufen – das ist das Hauptproblem! Wo sind die Incentives für KI-Entwickler*innen?“ 

Einige Teilnehmer*innen äußerten zudem das Gefühl, dass häufig mehr über Lösungen als über die eigentlichen Probleme diskutiert wird. Als zentrale Herausforderung wurde schließlich der Erhalt natürlicher Lebensgrundlagen benannt, wie der Earth Overshoot Day eindrucksvoll zeigt. Daher sind neben der Umsetzung der NKWS auch zukünftige Regularien wie der für 2026 erwartete CE Act der EU von entscheidender Bedeutung. 

Kontakt

KI-Ideenwerkstatt für Umweltschutz
c/o Impact Hub
Rollbergstr. 28A
12053 Berlin
+49 30 72618 0959 E-Mail schreiben

Nächster Themenabend

Beim nächsten Themenabend am 9. April 2025 betrachten wir konkrete Anwendungsfälle von Künstlicher Intelligenz (KI) im Recycling.