Wie man mit einem KI-Tool Biodiversitätsfragen erforscht
Die zweite Umweltdatenwerkstatt am 2. und 3. März in Leipzig stand im Zeichen der evidenzbasierten Kommunikation im Umweltschutz sowie der Biodiversität.
Wie kann Lokaljournalismus barrierearm aktuelle Umweltdaten in seine Berichterstattung einbinden, ohne datenjournalistische Kapazitäten zu haben? Mit welchen offenen Daten lässt sich ein Gesundheits-Monitoring der Natur entwickeln? Und wie können lokale Umwelt- und Klimaschutzpläne der Städte datenbasierter werden? An diesen Fragestellungen arbeiteten die 16 Teilnehmenden – darunter Biolog*innen, KI-Forschende, Aktive lokaler Vereine, wie Leipzig fürs Klima, BUND Leipzig und Code for Germany Leipzig sowie Angestellte des Umweltbundesamtes und des Referats Digitale Stadt Leipzig – in drei Gruppen.
Mit einem Webtool den Vogelbestand in Deutschland erforschen
Wie es der Natur geht lässt sich auch anhand des Vogelbestands bestimmen. Denn auf ihrer Speiseliste stehen Insekten, die ebenfalls ein wichtiger Indikator sind. Aus diesem Grund entwickelte die erste Gruppe ein Webtool, das es ermöglicht, historische Veränderungen des Vogelbestands in Deutschland zu erkunden. Basierend auf den Daten von BirdNET, einem KI-Tool zur automatischen Identifikation von Vogelarten, wurde zum Beispiel visualisiert, welche Vogelarten über die Jahre hinweg in welchem Umfang gesichtet wurden. Haben die Sichtungen zu- oder abgenommen? Das Team bereitete dazu erste Daten auf. Dabei wurde sichtbar, dass die Daten von BirdNET sich dazu nur eingeschränkt eignen. Denn die Zunahme von Sichtungen ist auf die Einführung der App beziehungsweise KI-Funktion von BirdNET zurückzuführen – seitdem beteiligen sich mehr Menschen an der Verbesserung der Datenlage. Außerdem ist unklar, ob einzelne Vögel mehrfach gesichtet wurden oder ob es sich tatsächlich um verschiedene Vögel derselben Art handelt. Ein Mitglied der Gruppe plant, das Thema durch die Nutzung von Daten digitaler Vogelhäuser weiter aufzugreifen, die mittels Waage, Kamera und anderen Sensoren einen tieferen Einblick in die Gesundheit der Vögel bieten.
Via Widget Umweltdaten auf Webseiten darstellen
Ein weiteres Team entwickelte ein Widget für WordPress, mit dem Datenvisualisierungen zum Stand der Umwelt, Energiewende und Klimapolitik in Sachsen leicht in Websites integriert werden können. Ein Widget ist eine grafische Softwarekomponente, die es Menschen ohne Programmierkenntnisse ermöglicht, Funktionen einzubinden. Das Widget richtet sich insbesondere an lokale Zeitungen in Leipzig beziehungsweise Sachsen, um diesen eine einfache Möglichkeit zu bieten, relevante Umweltdaten in ihre Berichterstattung einzubeziehen. Die Daten kommen vom Klimadashboard Sachsen, – einem Projekt des Code for Labs Leipzig – das bestehende offene Daten zum Waldzustand, zum Energieausbau und zur Mobilität zusammenführt. In den zwei Tagen der Umweltdatenwerkstatt entstand ein erster Prototyp. Dieser soll weiterentwickelt und als Open Source bereitgestellt werden.
Mittels KI-Analyse auf dem Prüfstand: das Energie- und Klimaschutzkonzept Dresdens
Die dritte Gruppe konzentrierte sich auf die detaillierte Daten- und KI-Analyse des Energie- und Klimaschutzkonzepts der sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Das Team untersuchte verschiedene Aspekte, darunter wie Klimaschutzmaßnahmen priorisiert werden, den CO2-Einspareffekt und die mit den Maßnahmen verbundenen Kosten. Das Konzept ist als PDF einsehbar. Die Kernaufgabe der Gruppe bestand darin, auf der Grundlage des 120 seitigen Dokumentes einen analysierbaren Datensatz zu entwickeln. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz wurde versucht, eine Liste von Akteurinnen und Akteuren aufzusetzen, die aus Sicht der Stadt wichtig für die Umsetzung sind. Die Gruppe fand heraus, welche Maßnahmen potenziell den größten Einfluss auf die Reduzierung von Treibhausgasemissionen haben und welche finanziellen Auswirkungen sie mit sich bringen.
Da es sich um mehr als 70 Maßnahmen handelt, ist erst durch die Entwicklung des Datensatzes eine kritische Auseinandersetzung mit dem Konzept möglich. Die Gruppe konnte so einzelne Maßnahmen miteinander vergleichen und mit aktuellen Umweltdaten anreichern. Das Projekt soll zeigen, wie wichtig es ist, einem Maßnahmenpapier dieser Art die entsprechende Datengrundlage beizufügen.
Auch die zweite Umweltdatenwerkstatt, die die Open Knowledge Foundation im Auftrag der KI-Ideenwerkstatt für Umweltschutz des Bundesumweltministeriums durchführte, wurde rundum positiv aufgenommen. Die Teilnehmenden betonten besonders die gute Möglichkeit, sich lokal zu vernetzen und voneinander zu lernen. Ein nächstes Treffen ist bereits in Planung und soll im Code for Germany Lab Leipzig stattfinden.
Mitmachen
Du hast Interesse, dich lokal zu vernetzten und mit digitalen Werkzeugen den Umweltschutz voranzubringen? Termine für die kommenden Umweltdatenwerkstätten sind:
- 25./26. Mai in Moers
- 13./14. Juli in Cottbus
- 28./29. September in Bielefeld
- 16./17. November in Hannover
Hintergrund
In den Umweltdatenwerkstätten werden Grundlagen zu Datenkompetenz und sogenannter KI vermittelt sowie mit eingeladenen Expert*innen und Praktiker*innen aus dem Umweltschutz- und Open-Data-Bereich gemeinsam Fragestellungen und Prototypen für den Schutz der Umwelt entwickelt. Ziel ist es, sich zu vernetzen, voneinander zu lernen und an konkreten Lösungen für den Umweltschutz zu arbeiten.
Ziel der Umweltdatenwerkstatt ist die lokale Vernetzung und die Entwicklung digitaler Lösungen für den Umweltschutz. Über zwei Tage arbeiten die Teilnehmenden an gemeinsamen Fragestellungen.
Die Umweltdatenwerkstatt wird im Auftrag der KI-Ideenwerkstatt für Umweltschutz des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz von der Open Knowledge Foundation Deutschland durchgeführt.